Eine Weihnachtskarpfen-Erzählung

Eine Weihnachtskarpfen-Erzählung

vor 11 Jahren und 120 Tagen

Ich kaufte eines Tages einen Karpfen, 1890 gr , lebend. Ich lies ihn im Laden töten. Ich sah das nicht, wollte das nicht sehen. Der Körper des Karpfens rührte sich den ganzen Weg in der transparenten Plastiktüte. Ich kehrte zu dem Laden zurück um den nicht perfekten Tod zu reklamieren. Sie versicherten mir seinen Tod. Der Körper zuckte. Den sicher toten Karpfen legte ich in meinen Waschbecken. Ein rosa-farbenes Waschbecken in einem rot-weissem Zimmer. Der Karpfen lag friedlich. Jedoch sein Geist fing wieder aufzuleben. Der Körper bebte. Sprang bei der zarten Berührung eines Messers, das ich an ihn führte.

Der Geist ist nicht im Affekt des Tötens gewichen. Er blieb, jetzt wollte er gehen. Jetzt weicht der Geist schon zwei und eine halbe Stunde. Ich liess Albinoni für ihn spielen. Ich empfand das als passend. Ich muss aber fort.
Ich ging hinaus auf die Strasse. Auch wenn der Karpfen dieser Art Töne noch nicht kannte, vielleicht mochte er diese Musik, und blieb deshalb noch einen Moment. Ich wollte ihm beim Rest-Sterben nicht zuschauen.
In meiner Tasche, einer schwarzen, befanden sich die Zutaten zum Kochen des Karpfens. Der weisse Topf steht neben dem Waschbecken. Der Geist des Karpfens wusste bestimmt, was aus dem Körper wird, sobald er ihn verlässt.
Der Körper bäumte sich noch immer in dem rosa-farbenem Waschbecken.
Es faszinierte mich, wie stark die Seele kämpfte. Sie liess den Körper aufbäumen, den sie verlassen sollte.
Ich habe habe noch nie eine Tierschlachterei gesehen. Pflanzen weinen ohne Stimme und ohne Augen. Wie kann ein Menschen-Hinrichter empfinden? Schaut er hin?
Gut. Ich bleibe bei meinem Karpfen.
Ich wechselte zu Chopin. Er regte sich nicht. Bedeutete das, dass der Geist den Karpfen schon mit Albinoni verliess? Ich hoffte es, denn so konte er wieder zur kantigen Ruhe kommen. Ich wollte den leeren Karpfen mit Rotwein begleiten und Wozzek dazu hören.

Die Seele des Karpfens tobt.
Die Seele tobt höllisch und stolz.
Die Seele kann diese Hülle nicht lassen!
Wohin? Wohin soll die Seele gehen?
In einen weiteren Karpfen? Alle sind doch schon bewohnt.
Doch dort, siehe da! In einem Karpfen ist niemand!
Tod. Der Karpfen ist tod. Leblos rollen seine Augen, hier wird keiner mehr wohnen.
Kein zerstörter Körper kann ein Haus einer Seele sein. Alt darf er sein, aber nicht getötet.

K.C.